Unter dem Einfluss von Lovis Corinth, dessen Malkurse sie in Berlin besucht hatte, entwickelte Marcelle Cahn ihr Frühwerk, eine figürlich-realistische Malerei. Zwischen den Kriegen, in Paris, entdeckt sie den Purismus für sich und nähert sich immer mehr der geometrischen Abstraktion.
1925 nimmt sie Unterricht bei Fernand Léger und Amédée Ozenfant. Als sie von Michel Seuphor eingeladen wird, an der Ausstellung der Gruppe „Cercle et Carré" teilzunehmen, zeigt sie puristische Bilder.
Von 1952 an verbindet Marcelle Cahn in ihren Bildern, Zeichnungen und Collagen ihren Wunsch nach Reinheit mit viel Poesie, das Rationale mit dem Spielerischen und die Suche nach Vollkommenheit mit dem Zufälligen. Sie benutzt Gegenstände aus ihrem Alltag, Briefumschläge, farbige Etiketten, Fotografien, Postkarten und Kartons und verleiht ihnen metaphorische Bedeutung.
Zu Beginn der 1960er Jahre realisiert sie ihre ersten „spatiaux", monochrome, geometrische Skulpturen, die aus glatten Flächen zusammengesetzt wurden. In den Gemälden dieser Jahre, in den Relief-Bildern und Sphären-Bildern, erhält die Linie den Vorzug vor der Fläche und der Farbe. Es sind lineare Konstruktionen, dynamisch in ihrer Ruhe und offen in ihrer Strenge.
Bis ins hohe Alter hinein arbeitet Marcelle Cahn unermüdlich und ist immer bereit zu neuen Experimenten.
Stéphane Mroczkowski
Das Museum für moderne und zeitgenössische Kunst in Straßburg hat 346 Werke aus der Sammlung Marcelle Cahn katalogisiert und online gestellt, 98 davon mit Fotos.
CORDONNIER-KRAFT Mireille. Marcelle Cahn (1895-1981). Sa vie. Son œuvre. Catalogue raisonné. Vol 1, 576 pages. Vol 2, 359 pages. Thèse de Doctorat de l'Université Marc Bloch, Strasbourg, 1995.